Auch wenn du es unbewusst tust, kann Zähneknirschen (in der Zahnmedizin Bruxismus genannt) ganz schön an die Substanz gehen – und das sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Denn neben der Abnutzung deiner Zahnsubstanz kann ständiges Knirschen auch zu Kopf-, Kiefer- und Nackenschmerzen führen. In unserem Artikel erfährst du alles über die Ursachen, wie du die Symptome von Bruxismus erkennst und wie du deine Zahngesundheit langfristig schützen kannst.
Hast du dich auch schon mal dabei ertappt, dass du in Momenten starker Anspannung deine Zähne fest aufeinanderpresst? Dann könntest du womöglich unter Bruxismus leiden. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bezeichnet in der Medizin das Zähneknirschen, Zähnepressen oder Verschieben des Unterkiefers, das häufig unbewusst während des Schlafs oder in stressigen Alltagssituationen auftritt. Bruxismus wird deshalb auch in Wach- und Schlafbruxismus unterschieden.
In Deutschland knirscht laut Bundeszahnärztekammer (BZÄK)jeder Zweite ab und zu mit den Zähnen, jeder Fünfte regelmäßig. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die am häufigsten betroffene Altersgruppe liegt zwischen 30 und 45 Jahren, Bruxismus kann aber auch schon bei Kindern und Jugendlichen auftreten. Und die Folgen von diesem unbewussten Verhalten sind enorm. Denn der beim Zähneknirschen entstehende Druck kann bis zu 480 kg/cm² und mehr betragen. Zum Verständnis: Das ist 10-mal mehr als der normale Druck, der sonst beim Kauen entsteht.
Auch wenn du die Folgen von Bruxismus oftmals nicht unmittelbar spürst, kann langjähriges Zähneknirschen also zu einer Reihe von Problemen führen – und nicht nur die Zahnabnutzung beschleunigen und die Zähne dadurch beschädigen, sondern auch zu Kopf- und Kieferschmerzen sowie Muskelverspannungen im Gesichts-, Kiefer- und Nackenbereich führen.
Die genaue Ursache von Bruxismus lässt sich nicht immer eindeutig ermitteln, jedoch ist bekannt, dass das Auftreten in direktem Zusammenhang mit Stress, Angst, Schlafstörungen oder Problemen mit der Kieferstruktur stehen kann.
Die Symptome und Anzeichen von Bruxismus können variieren und Beschwerden lassen sich nicht immer sofort aufs Zähneknirschen zurückführen. Meistens erkennt der Zahnarzt aber anhand typischer Auffälligkeiten bei einer Routineuntersuchung, ob du mit den Zähnen knirschst.
Gleichzeitig solltest du aber auch immer eine ausführliche Selbstbeobachtung vornehmen und gegebenenfalls Rücksprache mit deinem Zahnarzt halten. Folgende Symptome und Anzeichen treten bei Bruxismus gehäuft auf:
Ganz eindeutig lassen sich die Ursachen von Bruxismus meistens nicht feststellen. Das liegt vor allem auch daran, dass Bruxismus häufig multifaktoriell ist – also verschiedene Ursachen gleichzeitig eine Rolle spielen können, die von Person zu Person unterschiedlich sind. Belegt ist aber, dass verschiedene Faktoren zum Zähneknirschen beitragen können. Dazu zählen:
Stress und Angst
Sie gelten als einer der Hauptauslöser für Bruxismus. Menschen, die unter starkem Stress stehen oder an Angststörungen leiden, neigen Studien zufolge häufiger dazu, während des Schlafs ihre Zähne aufeinander zu pressen oder mit ihnen zu knirschen.
Fehlausrichtung der Zähne oder des Kiefers
Liegen eine abnormale Bisslage oder Funktionsstörungen in den Kaumuskeln oder in den Kiefergelenken (craniomandibuläre Dysfunktion, CMD) vor, kann das Bruxismus ebenfalls begünstigen. Der Grund: Unser Körper versucht, die Fehlspannungen und den unphysiologischen Biss auszugleichen, indem die Zähne, meist unbewusst im Schlaf, aufeinander reiben.
Myofasziale Spannungsungleichgewichte
Auch Verhärtungen, Verkürzungen und Verklebungen in Muskeln und Faszien in weiter entfernten Körperbereichen können zu Bruxismus führen. Als sogenannte aufsteigende Symptomatik können diese Fehlspannungen sogar von den Füßen kommen und sich nach oben bis in den Kopf und Kiefer auswirken. Über diese „Kettenreaktion“ versucht der Körper die Dysfunktion auszugleichen.
Psychologische Faktoren
Neben Stress und Angst können auch andere psychologische Faktoren wie Wut, Frustration oder unterdrückte Gefühle Risikofaktoren für Bruxismus sein und ihn auslösen oder verschlimmern.
Schlafstörungen
Auch Schlafstörungen wie zum Beispiel die obstruktive Schlafapnoe, bei der es nachts zu längeren Atemaussetzern kommt, sind Risikofaktoren für Bruxismus.
Lebensstil
Konsumierst du regelmäßig stimulierende Genussmittel wie Alkohol, Koffein, Nikotin oder Drogen, steigt auch dadurch das Risiko für Bruxismus. Häufiges Kaugummi Kauen oder das Spielen von Holzblasinstrumenten mit speziellen Mundstücken können ebenfalls ein Auslöser für das Zähnepressen und Knirschen sein.
Medikamente und Substanzen
Einige Medikamente, insbesondere Antidepressiva und bestimmte Psychopharmaka, können Bruxismus als Nebenwirkung verursachen oder verschlimmern.
Der richtige Ansprechpartner bei Verdacht auf Bruxismus ist der Zahnarzt. Im Normalfall werden die durch das Zähneknirschen entstandenen typischen Abnutzungen an den Zähnen im Rahmen der regelmäßigen Routineuntersuchung in der Zahnarztpraxis bereits entdeckt. Denn Verluste der Zahnhartsubstanz und Schäden des Zahnhalteapparates können gute Hinweise auf Bruxismus geben. Weiterhin glatt polierte Flächen an den Zähnen oder Kronen, Schmelzrisse, Schmelzaussprengungen, empfindliche Zähne, Verkürzungen von Zähnen und Abplatzungen an Verblendungen, Kronen oder Brücken.
Auch die Selbstbeobachtung ihrer Patienten gibt Zahnärzten zusätzliche Hinweise auf das mögliche Vorliegen von Bruxismus. Dazu zählen das Aufwachen mit einem steifen und müden Kiefer, Schmerzen der Kaumuskulatur oder beim Öffnen beziehungsweise Schließen des Kiefers oder nächtliche Knirschgeräusche, die durch den Partner wahrgenommen werden.
Wurde bei dir Bruxismus festgestellt, solltest du nicht zu lange mit der Behandlung warten, da deine Zähne durch das Knirschen ansonsten erheblichen Schaden nehmen können. Tipps, wie du am besten mit Bruxismus umgehst, können dir vor allem Zahnärzte geben. Eine der gängigsten Methoden, um die Folgen davon zu verhindern, ist eine Knirscherschiene oder Aufbissschiene, die du in der Regel nachts trägst. Manche Menschen knirschen allerdings so stark, dass ihnen empfohlen wird, die Schiene auch am Tag zu tragen.
Die Kosten für die Anfertigung der Schiene werden in der Regel vollständig von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Dafür fertigt der Zahnarzt eine individuell an dein Gebiss angepasste Kunststoffschiene an, die über die oberen oder unteren Zähne passt. Sie dient dazu, die Zähne während des Knirschens zu schützen, indem sie als eine Art Barriere zwischen den Zahnreihen wirkt. Die Schiene verteilt den Druck gleichmäßig und verhindert so Schäden an den Zähnen und dem Kiefergelenk. Solltest du bereits spürbare Symptome haben, ist anzuraten, einen auf CMD spezialisierten Zahnarzt zu konsultieren. Denn dann muss die Zahnschiene über einen längeren Zeitraum speziell angepasst und immer wieder kontrolliert werden, während der gesamte Körper mit Osteopathie und speziellen Übungen in ein Spannungsgleichgewicht gebracht wird.
Äußern sich die Folgen von Bruxismus in Muskelverspannungen im Kiefer- und Nackenbereich, kann spezielle Physiotherapie oder Osteopathie mit Dehnungs- und Entspannungsübungen sowie Massagetherapie dazu beitragen, die Symptome zu lindern und die Muskelspannung zu reduzieren.
Lässt sich das Auftreten des Bruxismus mit einer zugrunde liegenden Erkrankung in Verbindung bringen, sollte auch die Grunderkrankung angemessen behandelt werden, um den Bruxismus zu kontrollieren.
Da Stress zu einem der Hauptauslöser für Bruxismus zählt, kann die Bewältigung von Stress eine wirksame Strategie sein, um ihn zu reduzieren. Techniken wie Entspannungsübungen, Meditation, Yoga oder Atemtechniken helfen dabei, Stress abzubauen und das Zähneknirschen zu verringern. Unterstützend solltest du auf stimulierende Substanzen wie Koffein, Alkohol und Tabak verzichten, da diese Substanzen das Zähneknirschen verschlimmern können.
Auch eine Psychotherapie kann Betroffene dabei unterstützen, die den Bruxismus auslösenden Mechanismen (wie zum Beispiel Sorgen und Ängste) in den Griff zu bekommen und einen besseren Umgang mit stressauslösenden Faktoren zu erlernen.
Und tatsächlich können in einigen Fällen auch Botox-Injektionen in die Kaumuskeln dabei helfen, Bruxismus zu reduzieren, indem sie die Muskelaktivität über Nervenbetäubung vorübergehend verringern. Eine solche Maßnahme ist in der S3-Leitlinie zu Bruxismus aufgeführt. Dabei handelt es sich um systematisch entwickelte Handlungsempfehlungen, die Ärzte und Patienten bei der Entscheidungsfindung bezüglich einer Behandlung ihrer Krankheit unterstützen. Die Frequenz des Zähneknirschens soll sich durch die Injektion von Botox vermindern und Schmerzen durch Bruxismus verringern. Die Dosis ist so gering, dass der Kiefermuskel zwar entspannt, das Kauen dadurch aber nicht beeinträchtigt wird. Diese Behandlung sollte jedoch nur von einem qualifizierten Arzt durchgeführt werden und hat möglicherweise Nebenwirkungen.
Stressmanagement und Entspannungstechniken können eine große Unterstützung dabei sein, die Symptome von Bruxismus zu reduzieren. Wir stellen dir fünf Techniken und Maßnahmen vor, die du zusätzlich zu der vom Zahnarzt verordneten Behandlung durchführen kannst, um dein Zähneknirschen in den Griff zu bekommen.
Probiere verschiedene Methoden aus und wähle die, die dir ganz besonders gut hilft. Wie jemand am besten entspannt, ist ganz individuell und was für andere gut passt, muss sich nicht zwingend auch für dich eignen. Wichtig ist, dass du dich damit also nicht zusätzlich stresst.
Wurde bei dir Bruxismus festgestellt (und selbstverständlich nicht nur dann!) solltest du regelmäßige Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt wahrnehmen, um den Zustand deiner Zähne überwachen zu lassen.
Trage deine Aufbissschiene jede Nacht – und bei Empfehlung auch tagsüber – und versuche, Stress so gut es geht zu vermeiden oder zumindest vorzubeugen. Dafür eignen sich Stressmanagement- und Entspannungstechniken wie Atemübungen, Meditation, Yoga, die deine Entspannungsfähigkeiten verbessern.
Lasse dir die für deine Situation passenden Übungen zeigen, die dabei helfen, die Kau- und Nackenmuskeln zu entspannen. So kannst du beispielsweise morgens nach dem Aufstehen gleich selbst etwas für deine Kiefergesundheit tun.
Auch ein gesunder Lebensstil wirkt sich positiv auf Stress aus. Dazu zählen eine gute Schlafhygiene, eine abwechslungsreiche, ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und der Verzicht auf übermäßig viel Koffein, Alkohol oder Nikotin. Vor allem mindestens vier Stunden vor dem Schlafengehen solltest du deiner Zahngesundheit zuliebe die Finger davon lassen. Mit all diesen Maßnahmen lässt sich die Gesundheit deiner Zähne langfristig erhalten und schwerwiegende Folgen können so vermieden werden.