Plagen dich Schmerzen im Gesäß, die bis in die Beine ausstrahlen und sogar Taubheitsgefühle und Kribbeln auslösen, denkst du vermutlich sofort an einen Bandscheibenvorfall. Doch nicht immer müssen die Ursachen für deine Probleme darin begründet liegen. Denn vor allem eine neuromuskuläre Erkrankung mit dem Namen Piriformis-Syndrom wird von ganz ähnlichen Symptomen begleitet, die zwar denen eines Bandscheibenvorfalls ähneln, aber einen anderen Ursprung haben. In unserem Artikel erfährst du alle wichtigen Infos über Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten.
Das Piriformis-Syndrom tritt auf, wenn der Piriformis-Muskel (Musculus piriformis) aufgrund von Verspannungen oder einer Entzündung verhärtet und dadurch Druck auf den Ischiasnerv ausübt. Um die Schmerzen beim Piriformis-Syndrom zu verstehen, lohnt sich deshalb auch ein Blick auf die Lage des Muskels. Der birnenförmige Piriformis-Muskel gehört zur inneren Schicht der Hüftmuskulatur. Er liegt unter dem großen Gesäßmuskel und verläuft an der Innenseite des Beckens, wo er das Kreuzbein mit dem Oberschenkelknochen verbindet.
Der Musculus piriformis hat die Aufgabe, den Oberschenkel im Stehen nach außen zu drehen, zu strecken und ihn abzuspreizen, sowie das Hüftgelenk zu stabilisieren, indem er den Hüftkopf in der Gelenkpfanne hält.
Im Normalfall ist dieser Muskel sehr dehnbar und weich, kann sich aber durch Unfälle, Verspannungen, Entzündungen, Überlastungen oder Fehlhaltungen verkürzen und verhärten. Dann drückt er auf den in unmittelbarer Nähe verlaufenden Ischiasnerv und sorgt dort für Schmerzen, Taubheitsgefühle und Kribbeln. Die Beschwerden machen sich vor allem bei Bewegung bemerkbar und lassen im Liegen meist nach.
Hinweis: Es gibt rund um die Gesäßmuskulatur noch viele weitere anatomische Strukturen, wie die tiefen Gesäßmuskeln, die den Ischiasnerv komprimieren können. Aus diesem Grund bevorzugen Experten heute die Verwendung des Begriffs "tiefes Gesäßsyndrom". Da der Begriff Piriformis-Syndrom allerdings geläufiger ist, verwenden wir diesen in unserem Artikel auch weiterhin.
Folgende Symptome können auftreten, wenn du unter dem Piriformis-Syndrom leidest:
Einige Symptome, die beim Piriformis-Syndrom entstehen, haben wir dir oben bereits genannt. Schmerzen sind ganz charakteristisch für diese neuromuskuläre Erkrankung.
Neben den Schmerzen in Gesäß und Bein kann es beim Piriformis-Syndrom auch zu Schmerzen in der Lendenwirbelsäule kommen. Im Rahmen einer Diagnosefindung muss deshalb ein Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule, bei dem eine vorgefallene Bandscheibe auf die Nervenwurzel drückt, immer ausgeschlossen werden.
Da sich die Beschwerden beim Piriformis-Syndrom nicht auf eine sogenannte Ischialgie aufgrund von Bandscheibenproblemen zurückführen lassen, wird es in der Orthopädie deshalb auch als Pseudo-Ischias bezeichnet. Nur eine gründliche Untersuchung kann Aufschluss bringen, damit dein Arzt dir die richtige Behandlung verschreibt
Neben zurückliegenden Verletzungen im Gesäßbereich und stark belastenden Sportarten kann vor allem langes Sitzen die Entstehung eines Piriformis-Syndroms begünstigen. Denn weil wir an vielen langen Bürotagen regungslos mehrere Stunden lang in der gleichen Haltung vorm PC verharren, kommt es zu einer sehr einseitigen Körperhaltung und Belastung. Der Pirirformis-Muskel verhärtet aufgrund der muskulären Dysbalance, die Faszien im Gesäßmuskel werden nicht ausreichend gedehnt und unflexibel, was zu Spannungen und Gegenspannungen führt, die mit viel Druck ins Gewebe einhergehen. Dadurch werden das Gewebe und der Ischiasnerv nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was ein Grund für die beschriebenen Symptome ist. Zusätzlich werden Stoffwechselendprodukte nicht mehr gut abtransportiert. Das kann entzündliche Prozesse rund um den Piriformismuskel und den Ischiasnerv fördern.
Der verhärtete Muskel übt außerdem Druck auf den Ischiasnerv, da er unmittelbar am Piriformis-Muskel entlang oder bei manchen Menschen sogar durch ihn hindurch verläuft. Der Ischiasnerv hat dann schlichtweg zu wenig Platz und es entstehen oben genannte Symptome.
Der Schmerz tritt vor allem bei Bewegung oder bei unmittelbarem Druck auf, weil sich dadurch der Reiz auf den Ischiasnerv noch verstärkt. Typische Beschwerden äußern sich dann, neben Schmerzen und Missempfindungen, durch das Gefühl, das Bein lockern und ausschütteln zu müssen. Auch Humpeln aufgrund der eingeschränkten Bewegung in der Hüfte ist möglich.
Die Dauer des Piriformis-Syndroms kann stark variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel von der individuellen Schwere der Erkrankung, individueller Anatomie der Betroffenen, begleitenden Erkrankungen, der Art der Behandlung und der Umsetzung von Therapiemaßnahmen.
In einigen Fällen kann das Piriformis-Syndrom akut sein und nur für kurze Zeit bestehen. Es lässt sich in dem Fall mit geeigneten Maßnahmen wie Physiotherapie, Dehnübungen und entzündungshemmenden Medikamenten in nur wenigen Wochen bessern. In anderen Fällen wird das Syndrom aber auch chronisch und hält über mehrere Monate an.
Suche bei Beschwerden, die auf ein Piriformis-Syndrom hindeuten, deshalb immer einen Spezialisten auf. Denn eine angemessene Diagnose und Behandlung ist entscheidend dafür, die Dauer des Piriformis-Syndroms (positiv) zu beeinflussen. Ärzte, Physiotherapeuten und Osteopathen können dir einen individuellen Behandlungsplan erstellen, der auf deine spezifischen Bedürfnisse und Umstände zugeschnitten ist.
Auch wenn die ideale Behandlung des Piriformis-Syndroms von Fall zu Fall unterschiedlich ist, gehören Bewegung, Lockerung und Dehnung zu den wichtigsten Maßnahmen. Wir stellen dir mögliche Behandlungsansätze vor, die bei Schmerzen im Gesäß helfen:
Du hast das Gefühl, dein Piriformis-Syndrom geht nicht weg? Unter bestimmten Umständen kann das Piriformis-Syndrom tatsächlich chronisch werden. Zum Beispiel dann, wenn die zugrundeliegenden Ursachen wie Muskelverspannungen oder Verletzungen nicht effektiv und ursächlich behandelt werden oder das Syndrom nicht rechtzeitig erkannt wird. Wird die Behandlung dann verzögert eingeleitet, können sich die Beschwerden verschlimmern. Sofern Patienten die vorgegebene Behandlung nicht befolgen, kann es ebenfalls dazu kommen, dass der Zustand bestehen bleibt.
Allerdings ist jeder Fall unterschiedlich und nicht immer muss das Piriformis-Syndrom gleich chronisch werden. Wende dich bei Beschwerden immer an einen Arzt oder Spezialisten, um eine genaue Diagnose und die geeignete Behandlung zu erhalten.
Hast du aufgrund deiner Beschwerden einen Spezialisten aufgesucht, wird er dich zunächst zu deiner Krankengeschichte und deinen aktuellen Symptomen befragen. Bildgebende Verfahren wie MRT, Röntgen oder Ultraschall werden bei Verdacht aufs Piriformis-Syndrom übrigens nicht durchgeführt. Viel zielführender für eine Diagnose sind klinische Muskeltests, durch die sich das Piriformis-Syndrom von anderen Ursachen mit ähnlichen Symptomen unterscheiden lässt.
Mögliche Tests, die das Vorliegen des Piriformis-Syndroms bestätigen können, sind unter anderen der Laseguè-Test, FAIR-Test und Pace-Test.
Beim Laseguè-Test legst du dich flach auf den Rücken. Der Arzt nimmt jetzt das Bein der Seite, die schmerzt, und streckt es ungefähr 70° nach oben. Löst diese Bewegung Schmerzen aus, kann das für eine Reizung des Ischiasnervs sprechen. Allerdings kann dieser Test auch bei Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls positiv ausfallen.
Für den Pace-Test setzt du dich auf eine Liege oder einen Stuhl und lässt deine Beine baumeln. Der Arzt wird jetzt in dieser Position von außen mit der Hand auf deine Knie drücken, während du deine Beine auseinanderdrückst. Führt das zu Schmerzen? Dann könnte ein Piriformis-Syndrom vorliegen.
Auch der FAIR-Test ist für die Diagnose oder den Ausschluss eines Piriformis-Syndroms wichtig und zuverlässig. Die Abkürzung FAIR steht für die Bewegungen, aus denen die Untersuchung besteht. Also: Flexion (Beugung), Adduktion (Heranführen der Extremität zur Körpermitte) und Innenrotation (Extremität nach innen drehen). Mithilfe des FAIR-Tests kann zwar nicht zu 100 Prozent belegt werden, dass die Beschwerden durch das Piriformis-Syndrom hervorgerufen werden. Er liefert jedoch einen ganz wichtigen Anhaltspunkt in der Diagnostik dieses Syndroms.
Zur Durchführung liegen Patienten auf der gesunden Seite, wobei das unten liegende Bein gerade ausgestreckt wird und der Oberkörper möglichst flach auf der Untersuchungsliege aufliegt. Das Bein der schmerzenden Seite wird im Knie gebeugt und an den Körper gezogen. Die Beugung im Hüftgelenk sollte jetzt etwa 60° betragen. Dasselbe Bein wird jetzt gleichzeitig im Hüftgelenk zum Körper geführt und nach innen gedreht. Dadurch wird eine Dehnung des Piriformis-Muskels verursacht, indem das obenliegende Bein nach unten Richtung Liege gedrückt wird.
Der FAIR-Test ist dann positiv, wenn es während der Untersuchung zu Schmerzen im Gesäß kommt.
Das Piriformis-Syndrom kann auftreten, wenn der Piriformis-Muskel den Ischiasnerv reizt oder einklemmt beziehungsweise die Stoffwechselsituation ungünstig beeinflusst. Das Syndrom hat verschiedene Ursachen. Dazu zählen anatomische Variationen, Entzündungen, Muskelverspannungen durch Überlastungen und Verletzungen. Die Symptome können von Schmerzen im Gesäßbereich und im unteren Rücken bis hin zu Taubheitsgefühlen und Kribbeln im Bein reichen.
Die Diagnose des Piriformis-Syndroms erfordert eine gründliche Untersuchung durch einen Arzt oder Therapeuten, der verschiedene diagnostische Verfahren anwenden kann. Die Behandlungsmöglichkeiten reichen von physiotherapeutischen Maßnahmen, Dehn- und Kräftigungsübungen bis hin zu medikamentöser Therapie und (in seltenen Fällen) sogar chirurgischen Eingriffen.
Die rechtzeitige Diagnose und eine individuell an die Beschwerden und körperlichen Gegebenheit angepasste Behandlungsstrategie sind entscheidend, um die Symptome zu lindern und um mögliche chronische Verläufe zu verhindern. Betroffene sollten deshalb bei Problemen immer einen Orthopäden, Physiotherapeuten oder Osteopathen aufsuchen.