Muskellängentraining ist unter Fachkreisen auch unter dem Namen Biokinematik bekannt und erfreut sich an zunehmender Beliebtheit. Kein Wunder. Der Trainierende kann Verbesserungen der aktiven Beweglichkeit meist schon nach wenigen Einheiten vorweisen.
Das ganzheitliche Beweglichkeitstraining stellt die natürlichen Spannungsverhältnisse in deinem Körper wieder her. Von Schmerzen, die ihren Ursprung im Muskel-Faszien-System haben, kannst du dich mit Muskellängentraining verabschieden.
In den letzten Jahrhunderten hat sich unsere Lebensweise drastisch verändert. Mussten unsere Vorfahren noch sammeln und jagen, um zu überleben, so verbringen wir heute die meiste Zeit in sitzenden Tätigkeiten.
Wir formen unseren Körper mit dem, was wir mit ihm machen: Sitzen wir den ganzen Tag in einer bestimmten Position, so passt er sich an. Muskelgruppen verkürzen und es entstehen Dysbalancen im Körper. Gleichzeitig verhärten und verkleben unsere Faszien.
Das heißt: Jegliche Art von Einschränkungen der Beweglichkeit und Schmerzen trainieren wir uns leider weitestgehend selbst an. Einerseits mag das erschreckend klingen. Andererseits heißt das auch, dass wir das Ruder selbst in der Hand haben. Mit Muskellängentraining wirkst du dem entgegen.
Bevor du mit Muskellängentraining beginnst, ist es hilfreich zu verstehen, was dahintersteckt und was wir mit dieser besonderen Form des Beweglichkeitstrainings erreichen wollen.
Wenn wir uns bewegen, arbeiten immer mehrere Muskelgruppen in einer sogenannten Muskelschlinge zusammen. Um ein Gelenk sind meist mehrere Muskelschlingen aktiv.
Nehmen wir als Beispiel das Hüftgelenk. Auf der Rückseite befindet sich die hüftstreckende und auf der Vorderseite liegt die hüftbeugende Muskulatur. Diese Muskeln bilden demnach eine Schlinge. Damit Bewegung möglich wird, müssen die Muskeln einer Schlinge zusammenspielen.
Am Beispiel unserer Hüfte würde das so aussehen: Beugen wir unsere Hüfte, spannt unsere hüftbeugende Muskulatur an. Gleichzeitig entspannt unsere hüftstreckende Muskulatur auf der Körperrückseite. Wenn wir uns ökonomisch und schmerzfrei bewegen möchten, ist es nötig, dass diese Muskelschlingen optimal zusammenarbeiten.
Aufgrund sehr einseitiger Tätigkeiten, wie stundenlangem Sitzen, leidet das Zusammenspiel unserer Muskelschlingen darunter.
Das Resultat: Wir haben mit allen möglichen Beschwerden zu kämpfen. Unser Ziel muss es sein, die natürlichen Spannungsverhältnisse im Körper wiederherzustellen.
Werfen wir dazu einen Blick auf das „Tensegrity-Modell“. Der Körper ist eine zusammenhängende Einheit. Der Begriff „Tensegrity“ stammt ursprünglich aus der Architektur. Das Wort setzt sich aus den Begriffen „tension“ (Spannung) und „integrity“ (Verbundenheit) zusammen. Kurz gesagt: Spannungen im gesamten Körper sind voneinander abhängig und beeinflussen sich gegenseitig.
Das heißt: Verkürzt eine bestimmte Körperpartie, ändert sich das gesamte Spannungsverhältnis. Ist beispielsweise unsere vordere Faszienkette verspannt, baut unser Körper ein Kompensationsmuster auf. Schmerzen treten dann häufig an der Körperrückseite (etwa. am Rücken oder Nacken) auf.
Mit Muskellängentraining verhinderst du ein Ungleichgewicht und damit verbundene Schmerzen.
Beim Muskellängentraining werden nicht einzelne Muskeln, sondern gesamte Muskelschlingen bzw. Muskel-Faszienketten in eine unter Spannung gehaltene Endstellung gebracht. Der dadurch ausgelöste Trainingsreiz löst ein Muskellängenwachstum aus. Das ist bei herkömmlichen Dehnübungen nicht der Fall.
Manche Übungen fühlen sich zwar nach Dehnen an, aber tatsächlich handelt es sich um ein statisches Krafttraining in der Gelenk-Endposition. Neben den Muskeln werden beim Muskellängentraining vor allem auch die Faszien, welche die Muskeln einhüllen, beansprucht. Die Folge ist, dass dein gesamtes System geschmeidiger wird.
Für alle. Die Leistungssportler(in) profitiert genauso von dem Training wie jemand, der 8 Stunden am Tag im Büro verbringt. Die richtige Ausführung spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Bleibe aktiv
Achte darauf, dass du bei der Übungsausführung immer das Kommando hast. Die Schwerkraft oder dein STRETCH BAND sollte niemals die Kontrolle über deine Bewegung übernehmen. Das ist wichtig, damit du deine erlernten Bewegungsmuster umprogrammierst. Die Kraft im Körper kommt dadurch wieder in Balance. Darüber hinaus setzt du mit einer kontrollierten Ausführung das Verletzungsrisiko herab. Unter Aktivität sind alle Schutzmechanismen deines Gehirns online. Dein zentrales Nervensystem lässt es nicht zu, dass du dich in eine Position begibst, die deinem Körper schaden würde.
Endgradige Gelenkposition
Wir sind alle sehr individuell und haben unterschiedliche Voraussetzungen. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass der trainingswirksame Reiz an der richtigen Stelle ankommt. Das ist immer dort, wo unser System die größte Spannung aufgebaut hat. An dieser Stelle befindet sich auch die größte Einschränkung. Wir müssen deshalb immer alle Gelenke einer angesteuerten Muskelschlinge in die individuelle Maximalposition bringen. Das schaltet unsere Kompensationsmuster, die wir im Alltag erlernt haben, ab. Unser Gehirn entscheidet dann selbst, an welcher Stelle der Trainingsreiz stattfinden soll. Nämlich genau dort, wo wir es am meisten brauchen.
In unseren Übungsvideos erklären wir dir die Übungsausführung im Detail.