Es kribbelt, brennt und zuckt in den Beinen und Bewegung scheint die einzige Möglichkeit zu sein, die Symptome zu lindern – und das, obwohl man genau jetzt eigentlich zur Ruhe kommen will. Verspürst du auch öfter einen fast unerträglichen Bewegungsdrang, sobald du es dir auf dem Sofa oder im Bett gemütlich gemacht hast? Dann könnte das Restless Legs Syndrom (RLS) Schuld daran sein. Alles über Ursachen, Symptome und Möglichkeiten zur Behandlung erfährst du nachfolgend in unserem Artikel.
Beim Restless Legs Syndrom handelt es sich um eine neurologische Erkrankung, die auch als Willis-Ekbom-Krankheit (WED) bezeichnet wird – zurückzuführen auf den schwedischen Neurologen Karl Axel Ekbom. Sie äußert sich durch unangenehme Empfindungen in den Beinen und den ständigen Drang, seine Beine zu bewegen. Typischerweise treten diese Empfindungen vor allem abends oder nachts auf und können dadurch das Einschlafen deutlich erschweren, den Schlaf stören und die Lebensqualität beeinträchtigen. Aber auch lange Autofahrten, Zugreisen oder Kinobesuche können für Betroffene zur Qual werden. Laut ‘ärzteblatt’ liegt die Prävalenz, also die Häufigkeit von RLS in der deutschen Bevölkerung, bei fünf bis zehn Prozent.
Das Restless Legs Syndrom betrifft normalerweise Menschen mittleren Lebensalters zwischen 30 und 40 Jahren, bei familiären Formen können allerdings auch jüngere Menschen bereits betroffen sein. Während die Beschwerden anfangs nur gelegentlich auftreten, werden die beschwerdefreien Phasen mit zunehmendem Alter im Normalfall kürzer. Zudem tritt das RLS bei Frauen häufiger auf als bei Männern.
Übrigens: In seltenen Fällen erkranken sogar schon Kinder am Restless Legs Syndrom. Die Symptomatik tritt dann aber nur in sehr milder Form auf und die Erkrankung wird häufig nicht als solche diagnostiziert.
In der Medizin wird das Restless Legs Syndrom in eine primäre Form ohne geklärte Ursache (idiopathische), die den größten Teil der Fälle ausmacht, und eine sekundäre Form als Folge einer anderen Erkrankung (symptomatisch) unterschieden.
Das Restless Legs Syndrom äußert sich in der Regel durch folgende Symptome:
Wie die Bewegungsstörung tatsächlich zustande kommt, ist bislang noch ungeklärt. Es gibt aber Hinweise darauf, dass eine wesentliche Ursache des primären Restless Legs Syndroms eine Störung des Dopamin-Stoffwechsels an einer bestimmten Stelle im Gehirn sein kann. Dopamin ist ein Nervenbotenstoff, der unter anderem für die Bewegungssteuerung verantwortlich ist. Wie es dadurch letztlich zu einem RLS kommt, ist aber dennoch ungeklärt.
In der Wissenschaft wird angenommen, dass unter anderem genetische Faktoren, Eisenmangel, bestimmte Medikamente und neurologische Veränderungen im Gehirn eine Rolle spielen können. Wir stellen euch nachfolgend die gängigsten Ursachen und Risikofaktoren für das RLS vor.
Durch körperliche Erschöpfung verstärken sich die Symptome von RLS normalerweise. Auch kommt es bei warmen Temperaturen im Sommer häufiger zu einer Verschlechterung der Symptome. Alkoholkonsum vorm Schlafengehen ist ebenfalls ein Risikofaktor dafür, dass sich die typischen RLS-Symptome verschlimmern.
Die Diagnose des Restless Legs Syndroms erfolgt in der Regel beim Hausarzt, Neurologen oder Schlafmediziner. Das RLS selbst ist zwar nicht durch Untersuchungen nachweisbar, lässt sich aber anhand bestimmter Parameter diagnostizieren. Der Arzt wird den Patienten nach seinen Symptomen, der Häufigkeit und dem Zeitpunkt ihres Auftretens sowie nach möglichen Auslösern befragen. Um eine genetische Veranlagung festzustellen, erfolgt zusätzlich eine Familienanamnese. Der Arzt informiert sich also darüber, ob bei anderen Familienmitgliedern die gleichen Symptome bereits aufgetreten sind.
Durch eine gründliche körperliche Untersuchung und/oder zusätzliche Tests kann ein Arzt zudem andere mögliche Ursachen für die Symptome ausschließen und die Diagnose bestätigen. In manchen Fällen kann auch eine Untersuchung im Schlaflabor und die Durchführung einer Polysomnographie sinnvoll sein. Während des Schlafes werden dabei kontinuierlich Hirnstromaktivität, Beinbewegungen, Atmung, Herzfrequenz, Blutdruck und andere Funktionen des Körpers gemessen und über ein Video periodische und unwillkürliche Beinbewegungen aufgezeichnet.
Zudem können Betroffene ein Schlaftagebuch führen, um Aufzeichnungen über ihre Schlafgewohnheiten, Symptome von RLS und deren Auswirkungen auf den Schlaf zu führen. Diese Informationen können dem Arzt helfen, Muster zu identifizieren und die Diagnosefindung zu unterstützen.
Zu den diagnostischen Kriterien, auf die ein Arzt den Betroffenen untersucht, zählen typische Symptome wie unangenehme Empfindungen in den Beinen, die sich beim Ruhen verschlimmern, sowie ein starker Drang, die Beine zu bewegen, um Linderung zu finden.
Durch eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und der elektrischen Muskelaktivität (Elektromyographie) beim Neurologen lässt sich zudem erkennen, ob eine neurologische Erkrankung hinter den Beschwerden liegt.
Eine Blutuntersuchung im Labor gibt Aufschluss über das Vorliegen von Schilddrüsen- oder Nierenerkrankungen sowie einen möglichen Eisenmangel, die ebenfalls als Auslöser von RLS infrage kommen könnten.
In seltenen Fällen können bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) des Gehirns durchgeführt werden, um strukturelle Anomalien im Gehirn auszuschließen, die mit RLS in Verbindung stehen könnten.
Eine Kernspintomographie des Rückenmarkkanals kann zudem eine Rückenmarksschädigung oder Spinalkanaleinengung ausschließen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten bei RLS zur Verfügung stehen, hängt von der Schwere der Symptome ab und wie stark die Betroffenen davon im Alltag eingeschränkt sind.
Wenn erkannt, sollte an erster Stelle immer die mögliche Grundursache behoben werden. Sofern zu niedrige Eisenspiegel diagnostiziert wurden, können Eisenpräparate supplementiert werden, um den Eisenwert wieder aufs normale Niveau zu bringen. Liegt kein niedriger Eisenspiegel vor oder zeigen Eisenpräparate keinen Erfolg, können laut der aktuell geltenden S2k-Leitline bei Vorliegen der primären/idiopathischen Form auch sogenannte Dopaminagonisten oder L-Dopa-Präparate als Therapie der ersten Wahl eingesetzt werden. Sie sorgen dafür, dass fehlendes Dopamin – ein Nervenbotenstoff – im Gehirn ersetzt wird. Studien belegen, dass sie die durch RLS ausgelösten Beschwerden lindern können. Allerdings haben sie aber häufig auch unerwünschte Wirkungen wie Übelkeit und Schlafstörungen.
Zu den in der Leitlinie empfohlenen Dopaminagonisten zählen zum Beispiel Rotigotin, Ropinirol oder Pramipexol. Sie sollten aber immer nur in der möglichst niedrigsten Dosierung angewendet werden, da es sonst zu einer Überstimulation der Rezeptoren kommen kann und sich die Beschwerden sogar verschlimmern (in der Medizin Augmentation genannt).
Sofern die RLS-Symptome sehr schwer sind oder Betroffene auf eine Medikation mit dopaminergen Medikamenten nicht mehr ansprechen oder sie nicht vertragen, ist auch die Behandlung mit einem Opioid-Kombinationspräparat zugelassen. Opioide, oder auch Opiate, wirken auf die Opioid-Rezeptoren im Nervensystem und können dort die Weiterleitung von Schmerzsignalen verhindern.
Die Einnahme von Cannabinoiden, Magnesium und Benzodiazepinen hilft bei RLS laut der Leitlinie übrigens nicht.
Wichtig: Eine medikamentöse Therapie bei RLS sollte immer erst so spät wie möglich und selbstverständlich in enger Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.
Liegt hingegen eine sekundäre Form des Restless Legs Syndroms vor, kommt es durch die Therapie der Grunderkrankung häufig schon zu einer Linderung oder einem gänzlichen Verschwinden der Symptome.
Sofern Betroffene nur unter leichten Symptomen leiden, können bereits eine Änderung des Lebensstils sowie der Einsatz von Hausmitteln unterstützend wirken, um die Beschwerden zu lindern.
Dazu gehören unter anderem die Einhaltung einer guten Schlafhygiene, zu der auch regelmäßige Zubettgehzeiten (wenn möglich auch am Wochenende!) zählen. Verzichte auf einen Mittagsschlaf, damit der Schlafdruck am Abend hoch genug ist, und versuche, nicht direkt nach Beendigung deiner täglichen Aufgaben ins Bett zu gehen, sondern zumindest eine Stunde lang abzuschalten. Zum Beispiel, indem du sanften Sport wie Yoga machst, liest oder meditierst. Eine ausgewogene Ernährung mit einer ausreichenden Eisenzufuhr und Vitamin C (fördert die Eisenaufnahme) sowie der Verzicht auf Faktoren, die RLS stimulieren, können ebenfalls helfen. Zu den stimulierenden Substanzen zählen unter anderem Alkohol, Nikotin, Koffein, schwarzer Tee oder starke Wärme. Regelmäßige moderate Bewegung hingegen wirkt sich positiv auf die Beschwerden aus. Um die positiven Effekte zu erzielen, reichen auch schon Spaziergänge, leichtes Radfahren und Joggen oder leichte Dehnübungen aus.
Sanfte Massagen, kühlende Gele oder Bäder können die akuten Symptome ebenfalls lindern. Genauso wie die Ablenkung von den Beschwerden, zum Beispiel durch Lesen, Haus- und Gartenarbeit oder Basteln. Entspannungsübungen wie Yoga, Meditation oder tiefe Atemübungen bauen Stress ab und helfen dabei, den Fokus von den Beschwerden weg zu lenken.
Leidest du stark unter den Beschwerden, könnten dir oben genannte Tipps vielleicht schon weiterhelfen. Denke immer daran, dass du mit RLS nicht allein bist, sondern eine Vielzahl an Menschen unter den Problemen leidet. Möglicherweise hilft dir auch der Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe. Oder aber alternativ das Gespräch mit einem Psychologen. Im Rahmen einer Verhaltenstherapie kann er dir Methoden an die Hand geben, mit denen du es schaffst, im Alltag mit den Beschwerden besser umzugehen.
Beachte, dass du dich immer zeitnah an einen Arzt wenden solltest, sofern sich deine Beschwerden verändern oder verstärken.
RLS kann für die Betroffenen zwar lästig sein, in der Regel ist die Erkrankung aber nicht gefährlich. Je nachdem, wie stark die Symptome bei dir ausgeprägt sind und was die Ursache dafür ist, kannst du bereits mit ein paar Hausmitteln oder der Änderung deines bisherigen Lebensstils die Beschwerden verbessern. Dazu zählen ein aktiver Alltag, eine ausgewogene Ernährung, die reich an eisenhaltigen Lebensmitteln ist, sowie der Verzicht auf stimulierende Substanzen wie Koffein, Nikotin oder Alkohol. Solltest du unter sehr starken Beschwerden leiden, lasse dich ausführlich von deinem Hausarzt oder einem Spezialisten untersuchen und beraten. In manchen Fällen kann eine medikamentöse Therapie mit Dopaminagonisten oder Opiaten angebracht sein, um wieder mehr Lebensqualität zu erlangen. Oftmals reicht es auch aus, eine mögliche Grunderkrankung zu behandeln, damit die Symptome verschwinden. Ein solche Behandlung sollte aber immer nur in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.