Die Hände bequem in seinem Schoß gelegt, sitzt Buddha stundenlang bewegungslos unter einem Baum und findet ruhig atmend zur Erleuchtung: Dieses seit Jahrtausenden überlieferte Bild kommt uns meist als Erstes in den Sinn, wenn wir an Meditation denken. Dabei ist Meditieren heute deutlich vielfältiger und alltagstauglicher als noch zu Buddhas Zeiten 500 vor Christus. Längst gibt es zahlreiche moderne Meditationstechniken, die sich in unser westliches Leben gut integrieren lassen.
Meditation beruht auf dem Prinzip der Achtsamkeit, also dem Wahrnehmen des gegenwärtigen Moments. Die einfachste Form des Meditierens: In Stille sitzen, bewusst atmen und beobachten, wie Gedanken und Gefühle vorbeiziehen. Das klingt simpel, bedarf aber etwas Übung. Dass es sich lohnt, mit Meditation anzufangen, belegen zahlreiche Studien. Wissenschaftler aus aller Welt beschäftigen sich mit den positiven Effekten der achtsamen Innenschau. So soll Meditation unter anderem Entspannung, Ruhe und Konzentration fördern sowie der Gesundheit auf die Sprünge helfen.
In diesem Artikel erfährst du mehr zu den Grundlagen des Meditierens, welche Auswirkungen die Meditation auf Körper und Geist haben kann und wie du als Anfänger:in am besten damit beginnst.
Der Begriff “Meditation” lässt sich vom Lateinischen “meditatio” ableiten, was so viel wie nachsinnen oder nachdenken bedeutet. Andere Worte sind auch Versenkung, Innenschau oder Kontemplation. Mit Meditation verbinden wir heute eine ganze Reihe von Übungen für den Geist.
Allgemein heißt Meditieren, seine Aufmerksamkeit nach innen zu richten und sich ohne Ablenkung auf eine einzige Sache zu konzentrieren, zum Beispiel den Atem oder ein bestimmtes Mantra.
Die Meditation wird in verschiedenen Traditionen und Religionen seit Jahrtausenden praktiziert, beispielsweise im Buddhismus. Meditierende wollen sich durch die Geistesübung von allen Gedanken und Gefühlen befreien, die im Leben Leiden verursachen. Ziel der traditionell buddhistischen Zen-Meditation ist es, eine Haltung der Achtsamkeit, der Wertfreiheit und des Mitgefühls zu entwickeln – und schließlich die Erleuchtung zu erlangen. Auch in anderen Religionen, sowohl im Christentum als auch im Islam, wird die Meditation gepflegt, um in eine tiefere Verbindung zu Gott zu treten.
Meditierende wollen sich durch die Geistesübung von allen Gedanken und Gefühlen befreien, die im Leben Leiden verursachen.
Inzwischen haben sich, losgelöst von religiösen Motiven, zahlreiche Meditationstechniken hervorgetan. Im Vordergrund stehen die Ziele Stressabbau und Entspannung durch Konzentration und Achtsamkeit.
In Stille sitzen und dem eigenen Atem lauschen, ist nur eine Form des Meditierens. Die Meditation kann auch anders aussehen: Du bewegst dich durch einen Yogaflow oder du singst. Im Kern geht es immer darum, Achtsamkeit zu kultivieren, indem du dein Bewusstsein bündelst und dich auf etwas konzentrierst. Jede Art der Meditation hat dafür eine andere Technik: Du fokussierst dich beispielsweise auf deine Atmung, auf körperliche Empfindungen oder auf Mantren.
Grundsätzlich lassen sich zwei Arten des achtsamen Innehaltens unterscheiden:
Es gibt etliche Meditationstechniken. Wir beschränken uns hier auf einige der bekanntesten Arten zu meditieren, die sowohl für Einsteiger:innen als auch für erfahrene Medis geeignet sind:
Bei einer geführten Meditation werden die Meditierenden durch eine:n Lehrer:in Schritt für Schritt angeleitet, was sie tun, worauf sie sich konzentrieren oder was sie sich vor ihrem inneren Auge vorstellen sollen, um zu Ruhe, Entspannung und Einsicht zu gelangen. Geführte Meditationen findest du zum Beispiel bei Streaming-Anbietern oder über Meditations-Apps. Diese Art des Meditierens eignet sich besonders für Anfänger:innen.
Im Gegensatz zur geführten Meditation, sitzt du bei dieser Meditation in Stille und konzentrierst dich auf den Fluss deines Atems. Tauchen Gedanken auf, lässt du sie weiterziehen, ohne an ihnen festzuhalten. Die Aufmerksamkeit kehrt immer wieder zurück zum Atem.
Vipassana ist eine Achtsamkeitsmeditation in Stille. Du konzentrierst dich nicht auf deinen Atem oder eine andere Sache. Ziel ist es stattdessen, permanent wahrzunehmen, was gerade in und um dich herum ist. Auf diese Weise wirst du zum Beobachter der Außenwelt sowie der eigenen Gedanken, Gefühle und Körperzustände. Schmerzen, Geräusche, Empfinden – alles darf sein, während du ruhig ein- und ausatmest und einfach beobachtest, ohne zu bewerten.
Für diese buddhistische Meditation gibt es eine streng vorgegebene Haltung: Du sitzt meist über einen längeren Zeitraum aufrecht im Lotus-, Schneider- oder Fersensitz, ohne dich zu bewegen. Währenddessen fokussierst du dich auf deine Körperempfindungen und lässt Gedanken wertfrei ziehen.
Bei dieser aktiven Meditation setzt du im ruhigen, gleichmäßigen Rhythmus einen Fuß vor den anderen, konzentrierst dich auf jeden Schritt und synchronisierst den Atem mit der Bewegung. Durch regelmäßige Gehmeditationen sollen sich körperliche und gedankliche Blockaden lösen können.
Bei dieser Meditation, die an das autogene Training anlehnt, liegst du in der Regel auf dem Rücken und scanst deinen Körper nach Verspannungen oder Empfindungen ab. Während des Body Scans atmest du ruhig und nimmst einfach nur wahr, was ist, ohne dagegen anzukämpfen.
Im Sitzen, Stehen oder Liegen denkst, sagst oder singst du synchron zur Atmung ein Mantra wie das Wort “Om”. Weitere bekannte Mantren sind “So ham” (Ich bin) oder “Lokah Samastah Sukhino Bhavantu” (Mögen alle Wesen in allen Welten glücklich sein). Ebenso zugänglich sind Affirmationen, die du als Fixpunkt für deine Meditation nutzen kannst, zum Beispiel “Ich bin sicher”. Du konzentrierst dich auf die Worte und kannst so belastende Gedanken leichter loslassen sowie positive Gefühle manifestieren.
Die Osho Dynamic Meditation ist eine Art Achtsamkeits-Workout für Körper und Geist, das dich in die Gegenwart holen, Verspannungen lösen und dich von negativen Gedanken befreien kann.
Die Meditation dauert eine Stunde, wird begleitet von Musik und besteht aus fünf Phasen a:
Ein weit verbreiteter Mythos ist übrigens, dass du beim Meditieren nichts denken oder fühlen sollst.
Das ist so nicht richtig: Vielmehr zielen die Geistesübungen darauf ab, zu erlernen, Gedanken und Gefühle schlicht und einfach zu beobachten, statt sich damit zu identifizieren.
Es ist also gar nicht schlimm, wenn dir deine To-Do-Liste während der Meditation in den Kopf schießt oder dich Traurigkeit überkommt. Mit der Zeit wirst du die Fähigkeit entwickeln, diese “Störenfriede” wohlwollend anzunehmen und weiterziehen zu lassen.
Sitzen und Nichtstun: Obwohl kontemplatives Meditieren von außen betrachtet nach wenig aussieht, passiert in unserem Körper währenddessen sehr viel.
Einen großen Einfluss kann die Meditationspraxis auf das Nervensystem haben, genauer auf den Vagusnerv. Als Teil des parasympathischen Nervensystems spielt er unter anderem für Ruhe, Erholung und Ausgeglichenheit eine entscheidende Rolle.
Was macht Meditation mit dem Vagusnerv? Meditieren in Verbindung mit Atemübungen kann den Nerv wie einen Muskel aktivieren und trainieren. Ein aktivierter Vagus kann dir helfen, lösungsorientiert zu denken, konzentriert zu sein und in stressigen Situationen gelassen zu bleiben oder starke Emotionen wie Angst besser zu regulieren. Möglicherweise kann Meditieren auch bei Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen positive Auswirkungen haben. (2)
Ein wichtiger Hinweis: Obwohl Meditation nachweislich positive Effekte auf die Psyche haben kann, sind Achtsamkeitsübungen kein Ersatz für eine Psychotherapie.
Darüber hinaus kann Meditieren in vielen Fällen Schmerzen lindern. Im Rahmen einer Studie führten Übungen zur Körperwahrnehmung dazu, dass bestimmte Areale im Gehirn wachsen und sich komplexer vernetzen. Für Teilnehmer:innen mit chronischen Schmerzen hatten acht Wochen Meditationspraxis ähnliche Effekte wie starke Medikamente. (3)
Noch ein erstaunlicher Effekt der Meditation auf den Körper: Regelmäßiges Üben kann die Aktivität des Enzyms Telomerase verstärken, das wichtig für die Gesundheit der Körperzellen ist und die Lebenserwartung positiv beeinflussen kann. (4)
Die Ergebnisse einer weiteren wissenschaftlichen Untersuchung legen nahe, dass Achtsamkeitsmeditationen die graue Substanz im Gehirn positiv verändern können.
Die "graue" Großhirnrinde ist für alle höheren Leistungen unseres Gehirns verantwortlich, wie zum Beispiel die Regulation von Emotionen, die Perspektivübernahme, die Erinnerung an Vergangenes oder das Planen der Zukunft. (5)
Täglich gehen jedem von uns rund 60.000 Gedanken durch den Kopf, ob wir es wollen oder nicht. Viele davon beeinflussen uns negativ: Ich bin traurig – das wird sich nie ändern. Ich sehe heute extrem müde aus. Typisch, dass bei mir wieder alles schief läuft. Dazu kommen Milliarden von Informationen, mit denen wir jeden Tag konfrontiert sind und von denen das Gehirn pro Sekunde etwa elf Millionen aufnehmen kann.
Wer diesem Tornado an Gedanken, Gefühlen und Informationen Einhalt gebieten will, kann sich am Meditieren versuchen. Durch Meditation kannst du dich von der Außenwelt abwenden, üben, Informationen besser zu selektieren und lernen, dich nicht länger mit deinen (negativen) Gedanken und Gefühlen zu identifizieren. Dein Geist wird freier und deine Psyche ausgeglichener und harmonischer.
Meditation kann Stress und Spannungen aus dem Nervensystem lösen. Durch regelmäßiges Meditieren kannst du dein Cortisollevel senken, so dass du dich entspannter fühlst und innere Ruhe empfindest. Weitere positive Nebeneffekte von weniger Stresshormonen im Blut: Das Risiko für stressinduzierte Symptome wie beispielsweise Migräne, Bluthochdruck, Schlafstörungen und Heißhunger sinkt. (6)
Tipp: Gut gegen Stress sind neben der Meditation auch andere Entspannungstechniken wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung.
Achtsamkeit ist nicht nur ein Trendwort, es ist eine Haltung dem Leben gegenüber. Achtsam zu sein bedeutet, jeden Moment vollkommen bewusst zu erleben, in den aktuellen Augenblick einzutauchen und sich nicht ständig in Gedanken an Vergangenheit oder Zukunft zu verlieren. Achtsamkeit hilft uns dabei, Stress abzubauen und mehr Ruhe, aber auch Genuss in unser Leben einzuladen.
Meditieren ist eine der effektivsten Achtsamkeitsübungen. Während der Praxis zählt nur der der gegenwärtige Moment.
Du kultivierst damit also Achtsamkeit und lernst, im Hier und Jetzt voll präsent zu sein. Nachdem du eine Zeit lang regelmäßig meditiert hast, kannst du vielleicht beobachten, dass du die Schönheit der Natur viel mehr genießt, dein Essen intensiver schmeckst oder tiefere Gespräche und bessere Beziehungen führst. Vermutlich verstrickt du dich auch immer weniger in Worst-Case-Szenarien oder Schuldgefühlen und hast allgemein mehr Freude am Leben.
Noch eine spannende Achtsamkeitsübung ist Waldbaden – erfahre hier mehr!
Meditation verändert die Art und Weise, wie dein Gehirn auf Ablenkungen reagiert.
Studien zeigen: Wer regelmäßig Meditationsübungen macht, verändert die Struktur seines Gehirns und kann seine Konzentrationsfähigkeit umso leichter auf andere Lebensbereiche übertragen, zum Beispiel den Job. Du lässt dich weniger ablenken und arbeitest produktiver. (6)
Doch wie genau fördert Meditation die Konzentration? Indem sie uns beispielsweise lehrt, unseren Atem wahrzunehmen. Atmen ist eine automatische Körperfunktion – wir tun es, ohne nachzudenken. Doch in der Meditation wird das Atmen zur bewussten Handlung. Du fokussierst dich darauf und nimmst jeden Atemzug achtsam wahr. Dadurch trainierst du deine Aufmerksamkeitsspanne und verbesserst somit auch deine Konzentrationsfähigkeit.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Entspannung, die sich beim Meditieren einstellt: Durch Stressabbau können wir in einen Zustand von erhöhter Gelassenheit gelangen – ideale Bedingungen für erhöhte Konzentration.
Die richtige Sitzposition beziehungsweise Haltung und die Atmung sind zentrale Bestandteile der meisten kontemplativen Meditationen. Sie können wesentlich dazu beitragen, dass du dich entspannst und deinen Geist zur Ruhe bringst.
Viele Menschen stellen sich die typische Meditationshaltung als den Schneidersitz vor. Immerhin hat schon Buddha in dieser Position die Erleuchtung empfangen. Aber dieser Sitz mit verschränkten Beinen muss nicht für jeden passend sein. Es ist wichtig, eine Position zu finden, in der du deinen Oberkörper aufrecht halten kannst und dich wohl fühlst. Du sollst konzentriert bleiben, dich aber trotzdem entspannen können.
Eine Alternative zum Schneidersitz ist der Fersensitz. Für manche ist das Sitzen auf einer Meditationsbank oder einem Meditationskissen angenehmer. Andere fühlen sich auf einem Stuhl wohler. Ist das Sitzen gar keine Option für dich, kannst du auch im Liegen meditieren. Du siehst, Meditieren ist gar nicht so dogmatisch wie du vielleicht denkst.
Auch die Atmung spielt beim Großteil der Meditationstechniken eine zentrale Rolle. Eine gezielte tiefe Atmung kann dir helfen, sowohl körperliche als auch emotionale Spannungen abzubauen. Wenn du atmest, stell dir vor, wie sich dein Bauch beim Einatmen ausdehnt und beim Ausatmen wieder zusammenzieht.
Es gibt weitere Methoden des Atmens innerhalb der Meditationspraxis, beispielsweise die 4-7-8-Atemtechnik, bei der du vier Sekunden einatmest, sieben Sekunden den Atem hältst und dann acht Sekunden ausatmest.
Grundsätzlich geht es aber nicht darum, eine bestimmte Technik zu erzwingen. Finde eine Atmung, die dir hilft, dich zu entspannen. Entdecke hier 10-Minuten-Mitmach-Atemübungen, um Angst und Stress loszulassen.
Gelassen auf einem Kissen sitzen, die Augen schließen und nichts tun – so simpel kann eine Meditation von außen betrachtet aussehen. Doch in Wahrheit erfordert Meditieren ein hohes Maß an Disziplin. Die regelmäßige Praxis fällt dir umso leichter, je besser du dich darauf vorbereitest.
Diese Schritte können dir den Einstieg ins Meditieren erleichtern und dir dabei helfen, dranzubleiben:
Quellen:
(1) https://www.osho.de/meditationen/dynamische-meditation/
(2) https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyt.2018.00044/full
(5) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3004979/
(6) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23724462/
(7) https://psychcentral.com/blog/how-meditation-changes-the-brain#how-it-affects-the-brain