
Adduktorenzerrung: Ursachen, Symptome und Behandlung

Adduktorenzerrungen sind häufige Verletzungen, die vor allem Sportler betreffen und durch plötzliche Bewegungen oder Überlastung der inneren Oberschenkelmuskulatur entstehen. In diesem Artikel erfährst du, wie du die Symptome erkennst, welche Sofortmaßnahmen helfen und was du tun kannst, um schnell wieder fit zu werden.

Adduktoren und ihre Aufgabe im Körper
Bei den sogenannten Adduktoren handelt es sich um eine Muskelgruppe an der Oberschenkelinnenseite, die aus sechs Muskeln besteht. Mit dem Begriff Adduktoren sind in der Regel die Muskeln an der Hüfte und Innenseite des Oberschenkels gemeint, die die Aufgabe haben, das Bein im Hüftgelenk zur Körperlängsachse zu führen. Funktionell wird die Adduktorengruppe zur Hüftmuskulatur gezählt, prinzipiell gehört sie aber zur Oberschenkelmuskulatur.
Die Adduktoren spielen eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung des Beckens. Sie helfen dabei, das Gleichgewicht zu halten und sorgen für eine aufrechte Körperhaltung beim Stehen und Gehen. Zudem sind sie maßgeblich verantwortlich für die Koordination von Bewegungen, die eine genaue Kontrolle erfordern, wie das Überkreuzen der Beine oder Richtungswechsel beim Gehen.
In Sportarten wie Fußball, Tennis und Hockey sind die Adduktoren essentiell für seitliche Bewegungen und das Schießen eines Balls. Sie ermöglichen kraftvolle und präzise Bewegungen, die für sportliche Leistungen erforderlich sind. Starke Adduktoren tragen aber auch zur Prävention von Verletzungen bei, indem sie das Becken und die Beine stabilisieren.
Eine gut trainierte Adduktorengruppe kann das Risiko von Zerrungen und Muskelrissen reduzieren. Im Alltag unterstützen uns die Adduktoren beim Ausweichen, Treppensteigen und beim Heben von Gegenständen. Sie sind wichtig für Bewegungen, die eine seitliche Stabilität erfordern. Der längste und kräftigste Muskel der Adduktoren reicht sogar bis zum Knie.
Zu den Muskeln der Adduktoren zählen:
- Musculus pectineus
- Musculus gracilis
- Musculus adductor longus
- Musculus adductor brevis
- Musculus adductor magnus und
- Musculus adductor minimus
Zu den typischsten Verletzungen an den Adduktoren zählen nicht nur Zerrungen, sondern auch Muskelfaserrisse sowie Leistenzerrungen und Entzündungen.
Übrigens: Sicherlich hast du auch schon mal von den Abduktoren gehört. Im Gegensatz zu den Adduktoren sind die Abduktorenmuskeln für alle Bewegungen zuständig, die Gliedmaßen vom Körper wegführen. Es handelt sich also um Muskelgruppen mit entgegengesetzten Funktionen im Körper.

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Ursachen und Symptome
Die Adduktorenzerrung äußert sich durch eine Überlastung oder Überdehnung der inneren Oberschenkelmuskulatur. In den häufigsten Fällen entsteht diese Art der Zerrung durch eine plötzliche Seitwärtsbewegung oder einen Ausfallschritt.
Ein erhöhtes Risiko einer Zerrung am inneren Oberschenkel besteht vor allem bei Sportarten, die Sportlern viele Tempowechsel oder abrupte Gegenbewegungen und Grätschen beim Laufen abverlangen, so zum Beispiel Hockey, Eishockey, Tennis und Fußball oder auch plötzliche Beschleunigung bei Sprints. Auch langes Laufen kann die Adduktoren übermäßig belasten, ebenso wie plötzliche Richtungswechsel beim Trailrunning, Crosslauf oder in Wettkämpfen. Bei rund 64-69 Prozent aller akuten Leistenbeschwerden bei Fußballspielern sind die Hüftadduktoren betroffen.
Aber auch im Alltag können sich Betroffene bei einem schnellen Richtungswechsel eine Adduktorenzerrung zuziehen, wenn sie einem Hindernis ausweichen oder auf der Straße bei Schlamm oder Schnee und Glatteis unerwartet wegrutschen.
Zu den Symptomen einer Adduktorenzerrung zählen vor allem akute, ziehende Schmerzen an der Oberschenkelinnenseite oder Schambeinregion und Leistenregion. Sie treten besonders beim Drehen, Heranziehen und Abspreizen des Beines auf und können die Beweglichkeit enorm einschränken.
Auch leichte bis starke Schwellungen oder Blutergüsse, Schwierigkeiten und Schmerzen beim Bewegen des Beines und Verhärtungen im betroffenen Bereich zählen zu den Symptomen einer Adduktorenzerrung.
Sofern Betroffene die richtigen Maßnahmen einleiten, ist eine Adduktorenzerrung in der Regel in zwei bis vier Wochen überstanden.

Diagnose einer Adduktorenzerrung
Schmerzen an den Adduktoren lassen sich manchmal nur sehr schwer von anderen Krankheitsbildern unterscheiden, die in dieser Körperregion ebenfalls auftreten können. Oftmals werden sie mit einer Schambeinentzündung verwechselt, aber auch mit Leistenschmerzen, wie sie bei einer Leistenzerrung oder Sportlerleiste auftreten. Im Unterschied zur Adduktorenzerrung, die die Muskeln an der Innenseite des Oberschenkels betrifft, bezieht sich eine Leistenzerrung allgemein auf Zerrungen in der Leistengegend, die auch andere Muskeln und Strukturen betreffen können.
Eine genaue Diagnose kann deshalb nur ein Facharzt stellen. Ein Orthopäde wird Betroffene im Rahmen einer Anamnese zunächst über die Umstände der Verletzung, die Symptome und sportliche Aktivitäten befragen.
Bei der körperlichen Untersuchung wird er die Adduktoren abtasten, um Schmerzpunkte zu identifizieren, die Beweglichkeit und Stärke der Adduktoren durch verschiedene Übungen und Tests beurteilen und die betroffene Region auf Schwellungen, Rötungen und Hämatome untersuchen.
Mittels bildgebender Verfahren wie Ultraschall und MRT lassen sich Flüssigkeitsansammlungen und Muskelverletzungen besser darstellen. So kann ein Arzt den Schweregrad der Zerrung einschätzen und andere Verletzungen ausschließen.

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Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Zerrung der Adduktoren
In den letzten Jahren gab es einige Nachbehandlungsschemen für Weichteilverletzungen mit den Akronymen ICE, RICE, PECH oder POLICE. Der aktuellste und modernste Ansatz ist hier allerdings PEACE & LOVE. Der evidenzbasierte Ansatz in der Nachbehandlung umfasst dabei sowohl die Akutphase als auch die Tage danach. So steht PEACE für die Akutphase und bedeutet Protection, Elevation, Avoid Anti Inflammatory, Compression und Education. Protection bedeutet Belastungsreduktion und Vermeidung von schmerzhaften Bewegungen, jedoch keine völlige Inaktivität. Elevation fordert die vermehrte Lagerung der betroffenen Struktur über Herzhöhe. Weiters geht es um die Vermeidung von entzündungshemmenden Medikamenten, um die Selbstregulation nicht negativ zu beeinflussen. Kompression mittels Bandagen kann Ödeme minimieren und bei Education geht es vor allem um die Aufklärung dieser Verletzung und auch der optimalen Nachbehandlung.
Nach ein paar Tagen kommt dann LOVE ins Spiel, was für Load, Optimism, Vascularisation und Exercise steht. Load bedeutet einen leichten Belastungsreiz auf die Struktur bringen. Ein richtiges Belastungsmanagement ist hier entscheidend. Der Patient soll zudem eine positive Erwartungshaltung an den Tag legen. Ein sanftes cardiovaskuläres Training verbessert den Stoffwechsel im betroffenen Areal und kann zur besseren Heilung beitragen und gezielte Übungen in der Trainingstherapie verbessern die Funktion Step by Step. Schmerz und andere Entzündungszeichen sind dabei immer zu beachten.
Unabhängig von diesem Schema empfiehlt es sich immer mit Ärzten und Experten aus den Bereichen Physiotherapie, Trainingstherapie und Ernährung zusammenzuarbeiten, um das Ganze strukturiert und zielgerichtet zu gestalten.
(Quelle: Dubois B, Esculier J-F (2020) Br J Sports Med)
Faszien-Rollmassage
Nach der Akutbehandlung und dem Nachlassen der Schmerzen kannst du deine Blutzirkulation durch Wärme oder eine Faszien-Rollmassage ankurbeln, um damit auch die Nährstoffversorgung des Gewebes anzuregen. Wir empfehlen folgende Übungen, die du mit der STANDARD-Faszienrolle von BLACKROLL ausüben kannst:
- Massage der Oberschenkelrückseite: Lege in Sitzposition beide Oberschenkel auf die BLACKROLL. Stütze dich mit den Händen hinter deinem Rücken ab. Hebe das Gesäß. Rolle langsam die Rückseite deiner Oberschenkel aus.
Aktivierung der Oberschenkelinnenseite: Starte in Bauchlage. Stütze dich auf den Unterarmen ab. Winkle ein Knie um 90 Grad an. Platziere die BLACKROLL unter deinem Oberschenkel. Rolle zügig seitlich deinen Oberschenkel von der Hüfte bis zum Knie aus.
Mehr Faszienrollen-Übungen wie diese findest du auch auf unserer Website.

Rehabilitation mit Physio- & Trainingstherapie
Lasse dir bei deinem Arzt ein Rezept für Physiotherapie ausstellen, damit du die für dich beste Rehabilitation erhältst. Er kann dir individuelle Übungen zeigen, mit denen du den Muskel wieder an die Belastung heranführen und sie langsam steigern kannst und dir weitere Tipps geben, wie du schnell wieder deine volle sportliche Leistungsfähigkeit erreichst.
Ziel der Medizinischen Trainingstherapie ist es auch, den betroffenen Bereich so aufzutrainieren, dass er zukünftigen Belastungen besser standhält und die Zerrung nicht erneut auftritt.

Mobilisation und Kräftigen der Adduktorenmuskulatur
Mobilisierst du deine Adduktorengruppe regelmäßig, macht das deine Muskeln und dein Bindegewebe elastischer – und deine Anfälligkeit für Sportverletzungen verringert sich. Wir stellen dir jetzt einige geeignete Übungen zum Dehnen und Kräftigen der Adduktorenmuskulatur vor, die du in dein Fitnessprogramm einbauen kannst.
Adduktoren mobilisieren
Bevor du mit deinem Dehnprogramm startest, solltest du dich aufwärmen, um die Muskeln auf die kommende Dehnung vorzubereiten, z.B. mithilfe von regenerierenden und aktivierenden Faszienrollenübungen für die Oberschenkel
Seitliche Ausfallschritte : Seitliche Ausfallschritte sind eine hervorragende Übung, um die Adduktoren zu mobilisieren. Sie fördern die Dehnung und Aktivierung der Muskeln in der Oberschenkel-Innenseite.
Anleitung:
- Stell dich aufrecht hin, die Füße etwa hüftbreit auseinander.
- Schreite mit einem Bein seitlich nach außen, sodass das Knie des Standbeins leicht gebeugt ist.
- Das ausgestreckte Bein bleibt gestreckt, und du senkst deine Hüfte, während du das Gewicht auf das gebeugte Bein verlagerst.
- Halte die Position für 2-3 Sekunden und kehre dann in die Ausgangsposition zurück.
Wirkung: Diese Übung dehnt die Adduktoren effektiv und steigert gleichzeitig die Flexibilität der Hüfte. Sie eignet sich sowohl für Anfänger*innen als auch für Fortgeschrittene.
Froschdehnung: Die Froschdehnung ist eine statische Übung, die speziell auf die Adduktoren abzielt und gleichzeitig die Hüfte öffnet.
- Anleitung:
- Knie dich auf den Boden und öffne deine Knie so weit wie möglich, während die Füße flach auf dem Boden liegen.
- Stütze dich auf deine Unterarme, sodass dein Rücken gerade bleibt.
- Senke deine Hüfte langsam nach unten, bis du eine angenehme Dehnung in der Oberschenkel-Innenseite spürst.
- Halte diese Position für 20-30 Sekunden und atme dabei ruhig.
Wirkung: Die Froschdehnung hilft, Verspannungen in den Adduktoren zu lösen und verbessert die Beweglichkeit der Hüftmuskulatur.
Adduktoren-Drehung im Sitzen: Diese Übung kombiniert Mobilisation und Rotation, um die Beweglichkeit der Adduktoren in verschiedenen Ebenen zu fördern.
- Anleitung:
- Setz dich auf den Boden, die Beine weit geöffnet.
- Klappe einen Fuß nach innen, sodass die Fußsohle am anderen Oberschenkel anliegt, während das andere Bein gestreckt bleibt.
- Führe die Drehbewegung mit dem Oberkörper langsam nach rechts & links aus. Achte dabei auf eine Aufrechte, lange Wirbelsäule.
- Wechsel die Seite und wiederhole die Übung.
Wirkung: Diese Übung aktiviert die Adduktoren und fördert gleichzeitig die Hüftrotation, was zu einer besseren Beweglichkeit im Alltag und beim Sport beiträgt.
Fazit
Die Mobilisation der Adduktoren durch gezielte Übungen wie seitliche Ausfallschritte, Froschdehnung und Adduktoren-Drehung im Sitzen ist essenziell für eine ausgewogene Beweglichkeit und Muskelgesundheit. Du kannst diese Übungen problemlos in dein tägliches Training integrieren, um die Flexibilität und Kraft deiner Oberschenkel-Innenseite zu steigern.

Adduktoren kräftigen
Sumo Squats
Eine Variante der normalen Kniebeugen sind die sogenannten Sumo Squats, bei denen du dich breiter aufstellst als bei der herkömmlichen Variante. So funktionieren sie:
- Stelle die Beine weiter als schulterbreit auseinander und drehe die Fußspitzen leicht nach außen, der Oberkörper bleibt dabei aufrecht.
- Führe dein Gesäß nach hinten und unten – bis die Knie maximal im 90-Grad-Winkel gebeugt sind.
- Jetzt drückst du die Beine wieder nach oben und kommst zurück in die Ausgangsposition.
Adduktion in der Seitenlage
Mit der Adduktion in Seitenlage kannst du deine Adduktoren auch ohne Geräte trainieren. So funktioniert die Übung:
- Lege dich seitlich auf eine Matte.
- Winkel das obere Bein an und stelle den Fuß ungefähr auf Kniehöhe vor dem unteren Bein ab.
- Hebe nun das untere Bein leicht nach oben an und senke es anschließend wieder.
Sidelunges
Sidelunges bzw. seitliche Ausfallschritte trainieren die Adduktoren und die Muskeln in Oberschenkeln und Gesäß.
- Stelle dich dafür aufrecht hin, die Füße hüftbreit.
- Mache zuerst mit dem rechten Bein einen weiten Ausfallschritt zur Seite, verlagere das Gewicht auf die rechte Seite und beuge das Knie. Die Füße lässt du dabei parallel zueinander stehen.
- Nun drückst du das gebeugte Bein wieder nach oben und schiebst dich zurück in die Ausgangsposition.
- Wiederhole diese Übung nun auch mit dem linken Bein.

Rückkehr zu Sport und Training sowie Prävention
Willst du nach einer Adduktorenzerrung wieder in dein Training einsteigen, solltest du zunächst mit leichten Aktivitäten starten, die die Adduktoren nicht zu stark belasten, die Intensität schrittweise steigern und auf die Signale deines Körpers hören.
Gründliches Aufwärmen vorm Sport bereitet die Muskulatur auf die anstehende Belastung vor und regelmäßige Mobilisation (Beispiele siehe oben) machen die Muskeln weniger anfällig für Verletzungen.
Integriere zudem Kräftigungsübungen für die Adduktoren in dein Workout und erhöhe den Widerstand allmählich. Reduziere die Intensität deines Workouts aber sofort, wenn du Schmerzen verspürst. Zu einer optimalen Rückkehr zu Sport und Training zählt auch, ausreichend Ruhetage einzuplanen, um den Muskeln Zeit zur Erholung zu geben.